1903 - 100 Jahre Bismarcksäule Rengsdorf - 2003
Bericht zum Festprogramm am 14./15. Juni 2003
Am 14. und 15. Juni wurde das Jubiläum eines unserer Ortswahrzeichen mit einem interessanten und geselligen Festprogramm gefeiert: 100 Jahre Bismarcksäule Rengsdorf.

Samstag, 14.06.2003, stand zunächst die Eröffnung der Ausstellung im Saal der Verbandsgemeindeverwaltung Rengsdorf im Vordergrund. Frau Marie-Luise Dingeldey stellte anhand der Exponate und detailliert recherchierten und zusammengestellten Dokumente im Rahmen ihrer Führung die Geschichte der Rengsdorfer Bismarcksäule einem großen Publikum ausführlich vor.

Im Anschluß folgte - nach einigen kurzen Grußworten - der zentrale Festvortrag von Herrn Dr. Christoph Studt, Universität Bonn. Der Referent befaßte sich mit dem "Bismarckbild in der deutschen Öffentlichkeit von 1898 bis heute", das durch vielfältige Wandlungen und Perspektiven in den unterschiedlichen Phasen der jüngeren deutschen Geschichte geprägt wird. 

Dr. Studt verdeutlichte, das Fürst Otto von Bismarck zu Lebzeiten wie auch nach seiner aktiven politischen Zeit und seinem Tod stets sehr unterschiedlich gesehen wurde. Fürst Bismarck stand immer in einem Spannungsfeld zwischen nationalen und europäischen Interessen, nationalen und konservativen sowie sozialen politischen Kräften, war aber zugleich einigende Identifikationsfigur, um die sich eine Art "Kult" entwickelte.

In den Zeiten der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus wurde der einstige Reichskanzler von allen politischen Kräften in ihrem jeweiligen Sinne vereinnahmt. Interessant ist, dass gerade diejenigen, die sich auf ihn als "Reichseiniger" beriefen, ihn fallen ließen, als seine Verehrung ihrer rassistischen und/oder expansionistischen Ideologie im Wege stand - zugleich fand der weitsichtige Politiker nach seinem Tode die Achtung und den Respekt seiner einstigen innerpolitischen Gegner.

Nach 1945 verschwand die Person Otto von Bismarcks zunächst in der Geschichte. Die Neuordnung auf allen Gebieten des zerfallenen deutschen Reiches und seiner Gesellschaft schuf ein neues Wertebild, das nicht mehr nahtlos an Traditionen vor dem Krieg anknüpfte. Nach einigen Jahren Distanz war dadurch eine zunehmend historisch-wissenschaftliche Betrachtung der verschiedenen Fascetten des Wirkens des preußischen Ministerpräsidenten und "eisernen" Reichskanzlers möglich. Keine politische Vereinnahmung, vielmehr eine ausgleichende objektive Beurteilung der Leistungen und Errungenschaften, der Schachzüge und Methoden Bismarcks - im engen Bezug mit dem damaligen zeitgeschichtlichen Geschehen betrachtet - hat Einzug gehalten.

Was bleibt aus heutiger Sicht von demjenigen, dem unsere steinerne Säule am Ortseingang gewidmet ist? Wieviel Bismarck brauchen wir noch? Mancher Gedanke hat heute noch zentrale Bedeutung: 

Sicher, der Krieg als politisches Instrument gehört der Vergangenheit an, und die verzwickte europäische Diplomatie Otto von Bismarcks ist heute nicht mehr 1:1 anwendbar. Wichtige Ansätze der Sozialgesetzgebung wurden jedoch unter Bismarck begonnen und müssen auch heute wieder umgesetzt werden, nur eine national sowie europäisch ausgleichende Politik - das war zentrales Kennzeichen der Aera Bismarck - gewährleistet Stabilität in Europa, und nur der vorsichtige Umgang mit einem diffizilen Mächtegleichgewicht kann international Frieden sichern.

Nach dem hochinteressanten detaillierten Vortrag verlagerte sich das Geschehen schließlich in den "Kaisereichenpark" an die Bismarcksäule, wo Festliches und Fröhliches für Alt und Jung geboten wurde. Für das leibliche Wohl sorgte die heimische Gastronomie, für Stimmung lokale Chöre und Musikgruppen.

Die Ausstellung im Saal der Verbandsgemeinde Rengsdorf war auch am Sonntag gut frequentiert. Zahlreiche Besucher nutzten die Gelegenheit, im etwas ruhigeren Rahmen die liebevoll bestückten Plakatwände und Vitrinen zu studieren. Viele Fragen und Lobesworte an die Organisatorin, Frau Dingeldey, belegen das geweckte Interesse an unserer Ortsgeschichte.

Dank für das Gelingen der Jubiläumsausstellung gilt insbesondere denjenigen, die durch ihre Leihgaben - Fotos, Bismarckbücher, Zeitungen, Modelle etc. - die Präsentation in Text und Bild erst ermöglicht haben.

1 1/2 Tage Blick in die Rengsdorfer Ortsgeschichte sind schnell vergangen. Vielleicht erinnern wir uns an sie, wenn wir in den nächsten Tagen an unserem Bismarckturm in der Westerwaldstraße nicht mehr achtlos vorbeifahren. 

Büste Fürst Otto von Bismarck und "sein" Turm im Bild. Das Gemälde wurde anläßlich des Jubiläums der Bismarcksäule von Maler R.Brechtel als Schenkung an die Gemeinde übergeben.

(c) Tobias Krumnow, Rengsdorf-Westerwald.de
15. Juni 2003

Zur detaillieren Lektüre empfiehlt Rengsdorf-Westerwald.de:
Christoph Studt: 
Das Bismarckbild der deutschen Öffentlichkeit (1898-1998)
Friedrichsruher Beiträge; Band 6
Erschienen und (c): 1999
Otto-von-Bismarck-Stiftung, Am Museum 5, 21521 Friedrichsruh
ISSN: 1436-8153
ISBN: 3-933418-05-4 (erhältlich über den Buchhandel)

Dieser und weitere informative Vorträge sind auch erhältlich direkt bei der Bismarck-Stiftung (http://www.bismarck-stiftung.de) (Schutzgebühr). 

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