1903 - 100 Jahre Bismarcksäule Rengsdorf - 2003
Am 21. Juni 2003 wird das Wahrzeichen Rengsdorfs 100 Jahre alt: Der Bismarckturm im Park am Anfang der Westerwaldstraße. Viele junge Menschen wissen heute nicht mehr viel über Otto von Bismarck und die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Deutsche Reich und der „Eiserne Kanzler“ gehören der Vergangenheit an. Auch viele Rengsdorfer kennen die Geschichte ihres Ortes und seines Wahrzeichens nur noch unvollständig. Rengsdorf-Westerwald.de nimmt das Jubiläum daher zum Anlaß, die steinerne Säule in Form eines kleinen lokalgeschichtlichen Abrisses zu beleuchten.

Während die Rengsdorfer Kaisereiche seinerzeit zu Ehren Wilhelm I. gepflanzt und der Gedenkstein darunter "Zum Gedenken an die Soldaten des Krieges 1870/71" aufgestellt wurde, gedenkt man mit der Bismarcksäule des ehemaligen preußischen Ministerpräsidenten und deutschen Reichskanzlers. Deutschland war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts noch immer ein Mosaik unterschiedlicher Einzelstaaten, führend unter ihnen Preußen, zu deren Rheinprovinz auch die hiesige Region gehörte. Fürst Otto von Bismarck nimmt eine wichtige Rolle bei der Vereinigung zum Deutschen Reich ein.

Darin gründet verstärkt nach dem Tod des Politikers im Jahr 1898 die seit 1890 insbesondere im Bürger- und Studententum gewachsene und überparteilich getragene Idee, dem Reichskanzler Otto von Bismarck Denkmäler zu setzen, die den Gedanken der Reichseinigkeit zum Ausdruck bringen. Das Gewinnerkonzept eines Wettbewerbs um die Gestaltung der Bismarcktürme sah dafür schlicht gestaltete Bauten an hochgelegenen Stellen mit guter Aussicht über das Land vor. In einer Schale auf dem säulenartigen Unterbau sollten an nationalen Feiertagen weithin sichtbare Feuer entzündet werden können. 

In Rengsdorf reift die Idee zur Errichtung des Denkmales im Sommer 1901, als der erste Aufruf zum Bau einer Bismarcksäule erlassen wird (24.7.1901) - Ideengeber ist der Verkehrs- und Verschönerungsverein Rengsdorf nebst Kurgästen. Mangels finanzieller Mittel geht man von einer Realisierungszeit von nicht unter 6 Jahren aus. Insbesondere das Engagement des Königlichen Landrates von Runkel und des Bürgermeisters Wink sowie großzügige Spenden und öffentliche Zuschüsse machen den schnellen Baubeginn in Rengsdorf möglich. 

Nach nur einem Jahr - bereits zum 4. Todestag des Reichskanzlers - am 30.7.1902 findet eine feierliche Zeremonie zur Grundsteinlegung statt, die das Foto dokumentiert. Als Ehrengäste sind Mitglieder des Landtages, hohe Beamte und Militärs vertreten. Das Fürstenhaus Wied schickt lediglich einen Abgesandten. Insbesondere die Sponsoren aus Wirtschaft und Bürgertum, sowie Bürgermeister der umliegenden Gemeinden zeigen Präsenz. 

12 Vereine und eine Militärkapelle gestalten das Programm. Reden des Kgl. Landrates und des Rengsdorfer Bürgermeisters umreißen u.a. Leben und Wirken Fürst Bismarcks als preußischer Ministerpräsident und Reichskanzler. 

Wieder nur knapp ein Jahr später ist der Bau vollendet, und es wird am 7. Juni 2003 in der Zeitung zur festlichen Einweihung der Bismarcksäule in Rengsdorf am Tage der Sonnenwende, Sonntag 21. Juni 1903, eingeladen. Neben zahlreichen Ehrengästen, u.a. ein Regierungsrat der Rheinprovinz, der Landrat, der Landgerichtspräsident, der fürstlich-wiedische Kammerdirektor und weitere mehr, ist rege Beteiligung der Bevölkerung zu verzeichnen. Redner gehen insbesondere auf die Reichsgründung von 1871, die enge Verbindung Bismarcks zur preußischen Armee, das Wirken zum Wohle des Vaterlandes ein. 

Die Zeitungsnotiz nennt außerdem ein festliches Rahmenprogramm, das von zahlreichen Vereinen beispielsweise mit Chorvorträgen und einem Konzert einer Militärkapelle gestaltet wird. Darüber hinaus wird abends nach Einbruch der Dunkelheit das erste Feuer auf der Rengsdorfer Bismarcksäule entzündet. 

Fortan brennt es - hieran erinnern sich nur noch wenige alte Rengsdorfer - jeweils am Geburtstag des Kaisers (27. Januar, Wilhelm II., Deutscher Kaiser und König von Preußen, geb. 27.1.1859) und am Sedanstag (2. September, Jahrestag der Schlacht von Sedan am 2.9.1870 bzw. der Kapitulation der französischen Hauptarmee vor Sedan).

Die Bismarcksäule in Rengsdorf übersteht den 1. Weltkrieg und die z.T. schweren wirtschaftlichen Zeiten der Weimarer Republik unbeschadet. Das Bronzerelief Otto von Bismarcks fällt jedoch der Rohstoffknappheit im 2. Weltkrieg zum Opfer. Es wird im Rahmen der Buntmetallsammlung abmontiert und eingeschmolzen. Fast 20 Jahre bleibt der Bismarckturm ohne Bildnis seines Namesgebers.

Am 6.9.1963 berichtet die Rhein-Zeitung dann: "Gemeinde und Gönner wollen Tradition nicht über Bord werfen [...] Nach fast 20 Jahren erhielt die Bismarcksäule ein neues Bronze-Relief [...] Um dem Denkmal seinen Sinn wiederzugeben, hat die Gemeinde durch die Hilfe eines Gönners und Förderers [...] jetzt das neue Relief anbringen können."

Rengsdorf ist - soweit bekannt - die einzige Westerwaldgemeinde mit einem Bismarckturm. Brachte dieser Besitz Anfang des 20. Jahrhunderts einen besonderen Patriotismus und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck, so haben sich die Zeiten verändert. Nationalistisches Gedankengut gehört weitgehend der Vergangenheit an. Das Feuer auf der Säule ist verloschen.

Auch der Baumbestand des kleinen Parks ist mit den Jahren herangewachsen und überragt das 13 Meter hohe steinerne Denkmal. Dennoch – auch heute sagt das Wahrzeichen unseres Ortes jedem, der als Rengsdorfer oder Fremder von Neuwied herauf kommt "Willkommen". Und eben von dieser Stelle aus blickt der Gast und Bürger immer noch weit ins Land, in unsere vorderwesterwälder Heimat und das Neuwieder Becken, wo Vater Rhein sein Band zieht.

(c) Tobias Krumnow, 2. Mai 2003
Am 14.06.2003 fand ein Festprogramm statt: 
  • 14 Uhr: Eröffnung der Ausstellung zur Entstehungsgeschichte des Bismarckturmes im Saal der Verbandsgemeindeverwaltung.
  • 15 Uhr: Festvortrag von Dr. Christoph Studt "Das Bismarckbild der deutschen Öffentlichkeit von 1898 bis heute". 
  • Ab 16 Uhr: Festliches und Fröhliches rund um die Bismarcksäule. 
Öffnungszeiten der Ausstellung
  • im Saal der Verbandsgemeindeverwaltung: Samstag, 14.06.2003, 14-18 Uhr, Sonntag 15.06.2003, 10-18 Uhr.
Lesen Sie auch den   Rengsdorf-Westerwald.de-Bericht vom 15.06.2003!
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