Rengsdorf - Geschichten aus dem Dorfleben:
Wichtel, wilde Männer und Gespenster
"Sagen, Legenden und wahre Steggelcher" standen am 11. Februar 2004 im Mitelpunkt des Treffens des Rengsdorfer Mundartstammtisches. 
Sagen und Legenden spiegeln ebenso wie die erlebte Geschichten einen wichtigen Teil des Dorflebens auf dem vorderen Westerwald wider. Sie zeugen vom Glauben und Aberglauben, von den Ängsten und Vorstellungen der Menschen vergangener Tage. Rengsdorf-Westerwald.de nimmt dies zum Anlaß, eine kleine Auswahl von Rengsdorfer Sagen und Legenden vorzustellen.
"Die Welleweeftercher aus dem Völkerwiesen- und Engelsbachtal
Die Wellewechtercher (in alten Überlieferungen auch "Wellewechtercher") sind Wichtel, die in den Wäldern um Rengsdorf gelebt haben sollen. Ihre Wohnungen, die sie nur abends verließen, sah man u.a. in den geheimnisvollen, dunklen Spalten der Felsen im Völkerwiesen- und Engelsbachtal am Lützenberg. Mit Einbruch der Abendstunden kamen die Welleweeftercher dann in die Ortschaften hinunter nach Oberbieber, hinauf nach Bonefeld und Rengsdorf. 

Es ist überliefert, dass sie nachts in den Mühlen am Völkerwiesen- und Aubach die Müller unterstützten, indem sie fegten, Kornsäcke schleppten und Mehl mahlten. Insbesondere den Müller der Oberen Mühle sollen sie so unterstützt haben, dass dieser zu großem Wohlstand gelangte, während es der Unteren Mühle, mit deren Müller sie Scherze trieben, stets schlecht ging. Durch die Neugier und den Argwohn eines Müllersknechtes verschreckt verließen die hilfreichen Geister schließlich die Mühlen für immer.

Auch den Rengsdorfen halfen sie, manche Arbeit zu verrichten. Nach Erntetagen entluden sie zu nächtlicher Stunde die Wagen mit Heu oder Kartoffeln. Wollte man sein Brachland "stürzen" genügte es, abends den Pflug anzuspannen und auf dem Acker stehen zu lassen. In der Winterzeit sollen die Wichtel zum Holzhacken gekommen sein. Den Hausfrauen nahmen sie allerlei Hausarbeit (Buttermachen, Gemüsewaschen, Schuheputzen) ab, den Kindern sollen sie Katechismus, Bibel und Gesangbuch im Schlaf eingehämmert haben, um ihnen das Lernen zu ersparen.

Waren die meisten Rengsdorfer ihren nächtlichen Helfern dankbar und stellten ihnen Eier, Fett, Mich, etwas Kuchen oder anders nützliches für die geleistete Arbeit hin, so beendete der Geiz Weniger die angenehme Zeit. Ein Schneider, der den Helfern nicht einmal einen Stoffrest gönnte, vertrieb die Schar der Welleweeftercher schließlich durch seine Schläge aus der ganzen Region.

"Die Welleweeftercher und der Sauerteig"
Die Sage erzählt von einem armen, aber fleißigen Völkchen Wichtelmännchen im Ehlscheider Wald. Sie verrichteten nachts die schweren Arbeiten auf dem Hof des Ehlscheider Herrn von Cöllen, der 7 Töchter, aber keinen Sohn hatte, der dies übernehmen konnte.

Zum Dank für die uneigennützige Arbeit unterstützte der Hofherr die armen Wichtelmänner regelmäßig. Dazu gehörte es, das sie den Sauerteig zum Backen ihres Brotes erhielten. Auch aus Ehlscheid sind die Wichtel weggezogen. 

Ebenfalls 2 schöne Legenden sind "Die Stadt am dürren Berg" und der "Unhold vom Langen Maß". "Am dürren Berg" und das "Lange Maß" sind Flurbezeichnungen um Rengsdorf.

"Die Stadt am dürren Berg"

"Die Stadt am dürren Berg" war eine sagenhafte reiche Stadt auf den Rengsdorfer Dorfwiesen, die ihren Reichtum - Gold und Silber - den Wellewechterchen vom Lützenberg verdankt. Reiche Obstgärten und tiefe Brunnen waren weitere Garanten für den Wohlstand. Lasterhaftigkeit und Gottlosigkeit fanden im Wohlstand jedoch zunehmenden Nährboden. 

Die Legende berichtet von einem Klausner, der dies beobachtete, den Sittenverfall vergeblich anmahnte, und sein Leid Gott klagte. Als auch dieser in Gestalt des Klausners mit Spott und Gewalt der Straßen verwiesen wurde, belegte er die Stadt mit einem Fluch. Die Brunnen versiegten, die Gärten vertrockneten, die Menschen starben in ihrem Gold. Das Edelmetall schmolz schließlich, zurück blieb der "Dürre Berg". 

"Der Unhold vom Langen Maß"
Die Legende vom "Unhold am Langen Maß" berichtet von dem Harderter Waldeck unweit des Mühlenweiher. Oft erlebten die Harderter Fuhrleute, wenn sie spät von Neuwied herauf kamen das nächtliche Heulen der Eulen und das Rasen des Windes in den Baumkronen. 

Diese Geräusche maß man einem wilden Mann zu, dem man nicht in die Quere kommen wollte und das Waldstück, das von Fußgängen meist gemieden wurde, daher möglichst rasch durchquerte oder erst nach ein Uhr befuhr, wenn er wieder verschwunden war. Ein mutiger Fuhrmann soll den Unhold mit Hilfe eines Frosches, den er vor Einfahrt in den Wald am Mühlenweiher frei ließ, vertrieben haben.

Eine wahre Begebenheit, sie ereignete sich Samstag vor der Kirmes im Jahr 1880, betrifft den Müller Schlinkmann und seine Familie von der Unteren Mühle:

"Das Gespenst im Leyenstollen"

Der Bach vom Mühlenweiher hatte im Unwetter das Wehr zerrissen und flutete auch den Stall der unteren Mühle, der direkt über den Bach gebaut war, so dass man die Tiere heraus ins Freie brachte. Am Tag suchte man die freilaufenden Tiere und fand alle bis auf die Ziege.

Am Montag nach der Kirmes nahmen die Bergleute Flohr und Nagel ihre Arbeit im Leyenstollen unweit der Unteren Mühle wieder auf. Noch etwas beeinflußt vom Vortag berichteten Sie dem Müller bleichen Gesichts wenig später von einem fürchterlich schnaubenden Gespenst im Stollen. Es war die vermißte Ziege, die die Strohschütte im Stollen als "Stall" auserkoren hatte.

(c) Tobias Krumnow, 22. Februar 2004
Mehr Sagen, Legenden und Steggelchen in:
  • Albert Hardt: Im Wiedischen Land
  • O. Runkel: "Westerwaldsagen"
  • Heimatjahrbücher des Landkreises Neuwied
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